Konzert des Hohenloher Kultursommers in Gaggstatt Musik der einen Welt Eine andere Version von „One World" in der Musik als bei der Love-Parade in Berlin konnten die Besuchesannen und Besucher des Konzertes am Samstagabend in der wunderschönen Jugendstilkirche in Gaggstatt bei Kirchberg an der Jagst. erleben. Dort führten eine Musikerin und drei Musiker dem Publikum vor Ohren, dass schon im Mittelalter die politischen Grenzen in der Musik kaum eine Bedeutung besaßen. So war der arabische und osmanische Einfluss auf die europäische Musik von immenser Bedeutung. In der damaligen Instrumentalmusik waren die Übergänge fast fließend. Natürlich spielte dabei ebenso die Anwesenheit der Araber und Osmanen auf dem europäischen Kontinent eine wichtige Rolle. So erinnert zum Beispiel der bulgarische Gesangsstil sehr stark an türkische Musik. Und so wundert es nicht, dass Belinda Sykes sich diese Gesangsart zu eigen gemacht hat und sie mit den vermeintlich europäischen Instrumenten vermischt. Riccardo Deiflno erwies sich hier auf der Harfe als hervorragender Begleiter. Zwei mittelalterliche Harfen gehörten zu seinem Instrumentarium, darunter eine gotische Harfe, die in ihrer Stimmung an die Indische Sitar erinnerte. Delfino sang daneben gelegentlich auch zusammen mit Sykes im Duett, etwa beim bulgarischen „Dinma Juda" vermochte aber die bulgarische G«sangsart nicht ganz so gekonnt wiederzugeben wie Belinda Sykes. Die Sängerin erwies sich als Meisterin auf diesem Gebiet. Darüber hinaus begeisterte ihre Stimme durch enorme Kraftentfaltung. Als ganz außerordentlich kann man die Beherrschung der Drehleier durch Matthias Loibner bezeichnen. Selten hat man derartige Laute von diesem Instrument vernommen, Loibner imitierte nämlich die Gesangsstimme und musste also auch jene für die europäische Musik ungewöhnlichen Zwischentöne erzeugen. Für ihn war dies kein Problem, doch bedarf es dabei schon einer besonders ausgefeilten Beherrschung der Drehleier, die im übrigen zum wichtigsten Instrument des Abends avancierte. Das lag an ihrer Bedeutung als Borduninstrument. Denn der Bordun bildete die Grundlage sowohl der europäischen als auch der orientalischen Musik des Mittelalters. Was sich darüber an Ornamentik und Melodie entfaltet, kann durchaus korrespondieren, differiert aber natürlich oft. Dieses unterscheiden zwischen Okzident und Orient war jedoch, wie gesagt, nicht Sache des Ensemble, sondern vielmehr das Verbinden zu einem Ganzen, zu einer Musikwelt. Das funktioniert bei improvisierter und nur mit Blick auf die Melodien tradierter Musik umso leichter. Und so zauberten sie - selbstverständlich ebenso Tunji Beier auf Trommeln verschiedenster Herkunft - ein wundervolles musikalisches Gemälde, In dessen Mittelpunkt Mitatmen, Gefühl und Empfinden standen. Da war es gleichgültig, ob das Stück aus Spanien, Italien, England, Bulgarien, Syrien, der Türkei oder Griechenland stammte. Meist wurden sie sowieso ineinander übergehend gesungen und gespielt. Wichtig war der verbindende Klang, der nicht zuletzt durch das Türkisblau der Kirche eine fantastische Bereicherung erfuhr. Ralf Snurawa